Der G.g-Einschub

Kürzlich war ich in den wenigen Momenten, in denen ich nicht von Redaktion zu Termin und zurück pendelte, irgendwann spät am Abend, auf einer Uni-Party gewesen. Früher, als ich noch im Studium war, da waren Uni-Partys etwas für arme Studenten, wo in irgendwelchen Uni-Räumen billiges Flaschenbier verkauft wurde. Das war für die Studenten und Fachschaften ein Win-Win. Dabei waren die meisten Partys zwar weniger mit Style, wie man heute sagte, organisiert worden, sondern mehr dem Utilitarismus unterworfen. Als Theke dienten Biertische, Musik kam aus dicken Boxen, die an ein auf Biertischen stehenden DJ-Ausrüstungen angeschlossen waren, die Gäste kamen meist aus dem eigenen Institut und alle wussten, worauf sie sich einließen. Es war nichts besonderes, aber es war da und wenn nicht beliebt, dann zumindest doch als fester Bestandteil des Studienlebens akzeptiert. Die Unis duldeten das, weil sie keine Lust auf Studentenproteste hatten, die Unis sowieso sanierungsbedürftig waren, dass Fußspuren an den Wänden keine Rolle spielten, und weil schon immer in der Unis gefeiert wurde. Bis drei Dinge passierten: Aus Universitäten wurden Elite-Unis, da waren Partys schlecht für den Ruf. Durch Studiengebühren wurde der Sanierungsstau aufgelöst, und man wollte keine neuen Fußspuren mehr haben. Vor allem nicht, seit die Studiengebühren wieder abgeschafft worden waren, und so keinerlei finanzielle Möglichkeit mehr bestand, jemals wieder Wände streichen zu lassen. Studenten demonstrierten nicht mehr, weil sie durch den Bachelor ständig über mangelnde Zeit klagen mussten. Und zuletzt, ja zuletzt, war da Duisburg. Duisburg, die Perle des Ruhrgebiets, die durch ihr katastrophales Verwaltungs- und Politikversagen zu einer grauen, sterbenden Stadt verkommen war. Duisburg, Loveparade. Seit der Loveparade, dem Desaster, dass einem vielschichtigen, aber einmaligem Versagen geschuldet war, waren Deutschlandweit Brandschutzmaßnahmen verstärkt, Versicherungen geändert und Fluchtwege derart überprüft worden, dass eigentlich kaum ein Gebäude mehr den Ansprüchen der großen Versicherungsgesellschaften entsprach. Spätestens seit Duisburg durfte nur eine einzige Institution noch Veranstaltungen und Partys in Uni-Gebäuden veranstalten: Und das war die Universität selbst.

Deshalb fanden auch Fachschaftspartys, die lange Zeit die einzige Möglichkeit größerer Studentenfeiern gewesen waren und Rückgrat des Studentenpartykalenders, nicht mehr in den akademischen Hallen statt, sondern in dunklen Kneipen, loungigen Clubs oder gar nicht mehr. Das war dann eine Win-Situation für die Fachschaften, denn sie mussten nur am Eingang eine Kasse aufstellen, dann floss das Geld. Für die armen Studenten war das ärgerlich, sie mussten jetzt Eintritt zahlen, um einen Club zu betreten. Für alle anderen war das spaßig, denn es hob die Qualität der Partys, auch wenn die Füllung des Geldbeutels abnahm. Seitdem gesellte ich mich wieder auf solche Partys, auch wenn der Altersunterschied mit der Zeit signifikant auffälliger wurde. Und auf einer solchen Feier hatte es sich letztlich ergeben, dass ich, nach einem anregenden Gespräch mit einer Dame, zusammen mit einem infantilen Scherz meinerseits, der in einer Katastrophe endete, in einem solchen Moment hatte es sich letztlich ergeben, dass ich eine der grundlegenden menschlichen Eigenschaften ergründete.

Es geschah, dass ich auf ebenjener Party ein Glas Whiskey-Cola verschüttete. Nicht weiter schlimm, mag man denken. Leider war es nicht meines, was aber auch nicht weiter tragisch gewesen wäre, schließlich handelte es sich ja nur um ein Getränke im Wert von wenigen Euros. Und zudem war es auch kein volles Glas, es war nur ein kläglicher Rest dessen, was vormals bestellt worden war. Eine Suppe aus Eiswürfeln, Cola und ein bisschen Whiskey. Kaum noch wert, überhaupt angefasst zu werden, hätte man es nicht bezahlt. Und es wäre auch nicht weiter tragisch gewesen, den natürlich hätte ich dieses bisschen auch ersetzt.