Rolltreppe

Reihe: 10 Dinge,…

10 Dinge, an denen man besser stehen könnte.

Es war ein ganz gewöhnlicher Tag, an dem es passierte. Nein, dass stimmt nicht, es war sogar ein ganz ausgezeichneter Tag. Die Sonne frohlockte vom Himmel herab und beschied die Landschaft mit genau der richtigen Mischung aus Wärme und Strahlen, die erst das Leben so richtig lebenswert machten. Genau so, dass man sich weder blendete noch verbrannte, noch leise frohr.

Und genau an jenem Tag, als nichts meinen Seelenfrieden zu trüben scheinen konnte, als ich ein Liedchen auf den Lippen summend vor mich herging, hinab in die U-bahn, in die U-bahn, und wieder herauf, da passierte es: Die Frau vor mir blieb am Ende der Rolltreppe stehen und orientierte sich. Mitten in dieser rollenden Schlucht an den Thermophylen blockierte sie die Massen wie einst die Spartaner. Nur war sie dabei nicht die guten. Denn nicht nur ich rumpelte auf sie drauf, sondern auch der Rest der unfreiwilligen Zuggemeinschaft, die mit mir den Waggon verlassen hatten. Eigentlich war sie sicherlich eine ganz nette, die Natur hatte es gut gemeint mit ihr, hübsch, schön anzusehen. Und ich hatte sie auch sehr gemocht, sofern man das von hinten beurteilen konnte.

Bis zu diesem Moment.

Und ich wünschte, ich hätte nichts gesagt und wär weitergegangen. Aber so ein rücksichtsloses Verhalten empörte mich. Empörte mich maßlos! Dass so eine dickliche Frau dreist gedankenverloren einfach stehen blieb und mehrere Dutzend Leute auflaufen ließ. Wie rücksichtslos.

Und während ich noch gegen meine Wut ankämpfte, ihr ihr rücksichtsloses, nein schon asoziales Verhalten an den Kopf zu werfen, war es schon passiert, und ich schrie ihr ihr asoziales, nein fast schon kriminelles Verhalten derart an den Kopf, dass es sich gewaschen hatte.

Ich sagte zu ihr: Wissen sie, sie fette Sau. Es gibt 10 Orte, an denen man an ihrer Stelle besser stehen bleiben könnte, als hier, am Ende der Rolltreppe, wo sie gerade mehrere Hundert unschuldige Väter, Mütter, Kinder haben auflaufen und mit schweren Verletzungen zurückgelassen haben.

Auf einem Friedhof mitten im Sommer..
Auf der Herrentoilette eines Lesbenladens
In Fukushima im März
In Lybien im April.
Auf einer Eifeldorfbahnhaltestelle um 03:00 Uhr nachts
Bei freiwilligen Veranstaltungen im Bachelorstudiengang.
In einem transvirtuellen E-bookladen.
Sie könnten in China für mehr Meinungsfreiheit demonstrieren.
Vor einer sunnitischen Moschee in Bagdad.
Auf eine Konferenz vor dem WCCB.

All das sagte ihr, nachdem mich meine Wut übermannt hatte, in ruhigen Ton. Zumindest hätte ich dies gemacht, aber mit einem Mal sah ich in diesem Urvieh des Jurazeitalters die Reinkarnation von Hitler und Stalin zugleich. Und weil ich ein guter Demokrat bin, schrie ich diesem laufenden Wal an den Schädel, der mich verdattert, weil sowieso begriffsstutzig per se, mit seinem großen geöffneten Maul anstarrte, als wäre ich von einem anderen Stern, ich schrie diesem Nilpferd von schwerem Verständnis ins Gesicht, dass sie doch bitte das nächste Mal woanders campieren sollte.

Und warum? Nicht etwa, weil ich cholerisch sein könnte. Oder mich gelegentlich vielleicht in etwas hineinsteigern würde. Alles Lüge. Nein, schlicht und einfach deshalb, weil ich recht hatte. Sie ist ein fetter Wal, und fette Wale bleiben nicht an Rolltreppenenden stehen. Niemand tut es, der mit gesundem Menschenverstand geschlagen ist.(…)