Rumpel-Rentnerin im Café

Regentropfen trommeln gegen die großen Scheiben des Starbucks am Münsterplatz, ziehen rasch die Scheibe hinab, um sich auf dem Boden zu verteilen. Gut gefüllt sind die Sessel, gerade debattierte noch  eine Familie über Medizin und Frauenberufe, in denen eine Männerquote ganz praktisch wäre.

Dann kam sie. Eigentlich hofft man ja immer, dass sich ein Sonnenschein auf den Platz gegenüber setzt, der den regnerischen Tag zu erhellen vermag. Irgendein junges Ding, ganz hübsch, und nett und so. Notfalls gäbe man sich auch mit einem Nerd zufrieden, der nix tut außer auf einen Bildschirm zu starren. Irgendwer, der nicht stört auf Jedenfall.

Stattdessen kam die Rumpel-Rentnerin, mit schneeweißem Haar. Sicherlich eigentlich ganz nett, trug sie eine mintgrüne Polyesterjacke über einem rosa Cardigan über einem gewölbten Bauch. “Ist der Platz noch frei”, fragte sie mich, der alleine an einem Tisch mit drei verlassenen Sesseln saß und arbeitete. Ich sah hoch, nickte, fuhr fort. Sie setzte sich ganz aufgeregt, hielt ihren Becher, gefüllt mit einem gefärbtem Kaltgetränk und einem schwarzen Strohhalm, an dem sie fortwährend nuckelte. “Schön ist es hier”.

Sie stand auf, holte sich eine Zeitung, die “Welt am Sonntag”, las etwas darin, sah aufgeregt auf. Ein junger Mann setzte sich neben mich. Kurz darauf schaffte es die nervöse Rentnerin, den gesamten klebrigen Becherinhalt über den kleinen Tisch zu verteilen – trotz des Plastikdeckels.

Schwallartig schießt die Flüssigkeit über den Rand, fällt auf den Boden, auf meinen Fotoapparat. “Oh Gott”, ruft die Rentnerin, stößt den Tisch um, rennt zur Theke, um einen Lappen zu holen. Der Starbucks-Bedienstete eilt herbei, schmiert mit grauem Lappen die Siffe vom Tisch. “Das wollte ich nicht”, stottert die Seniorin wiederholt, schaut sich die Misere an. Ich verkneife mir ein Lachen, schiebe meine Kamera hinfort vom sich bildenden See. Sie setzt sich verschämt hin, steht auf, holt sich ein neues Getränk.

Und ich, der nur etwas Ruhe suchte und arbeiten wollte, stand auf, und ging.